01.05.2014 - Vom einfachen Schleifer zu einem der größten
Arbeitgeber der Region -eine kurze Firmenchronik
Vom einfachen Schleifer zu einem der größten
Arbeitgeber der Region
- eine kurze Firmenchronik -
von Hartmut Fuß
Die Geburtsstunde der Juchem-Gruppe schlug im
Jahre 1919. Damals veranlasste Friedrich-Ludwig Juchem die
Eintragung des Betriebes seines Vaters, eine Achatschleiferei, ins
Handelsregister.
Anfang der 1930-er Jahre schlitterte das nach
dem ersten Weltkrieg wieder halbwegs flottgemachte Zugschiff
„Deutsche Wirtschaft“ in unruhiges Fahrwasser. Die über den „großen
Teich“ schwappende und Unheil bringende Welle „Wirtschaftskrise“,
erreichte auch Deutschland und stürzte das Land in eine tiefe
Rezession. Zahlreiche Unternehmen mussten Konkurs anmelden, die
Arbeitslosenzahlen stiegen, Hunger, Not und Elend breiteten sich
aus.
Auch die Edelstein-Region um Idar-Oberstein mit den vielen
Schleifereien blieb von dem das Land überziehenden Niedergang der
Wirtschaft nicht verschont.
Gerade die kleinen Schleifen am Fischbach die einkommensmäßig hinter
ihren großen Schwestern am Idarbach standen, also per se schon einen
harten Kampf ums Überleben führten, hatten folglich ganz besonders
unter der schlechten Wirtschaftslage der 1930-er Jahre zu leiden.
Mit dem unter großen Mühen und Entbehrungen erwirtschafteten Gewinn
konnten die Inhaber solch kleiner Unternehmen oftmals kaum die
eigene Familie ernähren, geschweige denn das Salär der Angestellten
aufbringen. Der Untergang dieser Kleinst- und Kleinbetriebe war
somit vorprogrammiert.
Die seinerzeit so oft gestellte Frage nach dem „Wie geht es weiter“
und „Was wird aus meinen Mitarbeitern“, quälten viele der
Schleifenbesitzer. Sicherlich auch den Niederwörresbacher Schleifer
Friedrich Ludwig Juchem.
In dieser Situation, in der in Deutschland die Arbeitslosigkeit gen
3 Millionen stieg, ein Betrieb, ein Unternehmen nach dem anderen die
Tore schloss, fasste Friedrich Ludwig Juchem den Entschluss, gegen
all die Widrigkeiten anzukämpfen. Er pachtete in den Jahren 1933 und
1940 zwei Steinbrüche in unmittelbarer Nähe zu seinem Wohnort
Niederwörresbach. Beide Steinbrüche lagen direkt an der
Hauptverbindungsstraße von Herrstein nach Fischbach.
1. Den Steinbruch an der Schleife Krone ( man beachte die heutige
Bezeichnung dieser Abbauregion: die Krone!). Dieser wurde zuvor wohl eher mit sehr
wenig Erfolg betrieben, denn vom Vorpächter wurde nur eine kaum erwähnenswerte Menge an
Gestein entnommen. Somit wäre F. L. Juchem eigentlich als erster aktiv den
Abbau betreibender Besitzer/Pächter anzusehen.
- Pachtvertrag ab Dezember 1933
- Mit einer Crew von 6 bis 8 Mann nahm er 1933 den Abbaubetrieb
auf.
2. Den Steinbruch an einer ehem. Schleife Mauskarrenacker. Auch
aus diesem Bruch wurden von dem Vorbesitzer vernachlässigbare Mengen
an Gestein abgebaut.
- Pachtvertrag ab Oktober 1940.
Die anstehenden Felswände verliefen damals direkt neben der Straße;
beide Brüche waren durch eine prominente Gesteinsnase voneinander
getrennt. Rudimente dieser findet man heute noch im Brecherbereich;
sie dienen als Standfläche von Produktionsanlagen.
Das Gestein wurde anfänglich mit großen Brechstangen oder durch
Bohrungen aus dem gewachsenen Fels gelöst. Dabei wurden die
Bohrungen noch von Hand durchgeführt; so hielt ein Arbeiter die
Bohrstange und andere schlugen mit Fäusteln auf diese und trieben
somit einen Gang in das anstehende Gestein, welcher später, nach
Erreichen der notwendigen Tiefe, mit Sprengstoff gefüllt wurde. Die
Sprengungen lieferten hauptsächlich Kleinschlag – heute als Schotter
bezeichnet. Später dann wurde die Produktion von Mauersteinen
aufgenommen.
1935/36 wurde die Angebotspalette durch ein weiteres Produkt
erweitert: man begann mit der Herstellung von Pflastersteinen.
Bis 1936 wurde in den Abbauen ohne Maschinen gearbeitet – heute kaum
mehr vorstellbar. Das erste durch einen Kompressor angetriebene
Bohrgerät wurde erst 1936 angeschafft. Sukzessive wurde dann in den
folgenden Monaten und Jahren versucht, den Betrieb maschinell
aufzurüsten. Der Ausbruch des Krieges setzte diesem Vorhaben jedoch
ein Ende. Provisorien, wie geliehene fahrbare Steinbrechanlagen
halfen in den nächsten Jahren über diese Unwägbarkeiten hinweg.
Kommt man aus Richtung Baumholder nach Idar-Oberstein, so erblickt
man linkerhand, in Höhe des Kammerwooges / Nahe-Talsperre, die
imposante Anlage der Klotzbergkaserne. Die für den Bau der mächtigen
Stützmauer benötigten Mauersteine wurden in Gänze von der Firma
Juchem geliefert.
Die Erteilung dieses Großauftrages war wohl die Initialzündung für
den damaligen wirtschaftlichen Erfolg, der sich auch in der Anzahl
der Arbeitskräfte widerspiegelte. Der forcierte Ausbau von Brücken,
Straßen z.Bsp. Hunsrückhöhenstraße, Wegen und Gebäuden, ließ die Mitarbeiterzahl schließlich auf ca. 60 ansteigen.
Mit Ausbruch des Krieges verschlechterte sich jedoch die
Auftragslage; die Belegschaft wurde (auch kriegsbedingt) kleiner
und Ende 1942 wurde der Steinbruchbetrieb eingestellt.
Nach Kriegsende (1947) wurde der Bruch unter der Leitung der beiden
Söhne des Firmengründers und unter dem Namen Gebr. Juchem wieder in Betrieb genommen.
Mit dem Beginn des Wiederaufbaus und der rasanten positiven
Entwicklung der nach dem 2. Weltkrieg am Boden liegenden deutschen
Wirtschaft begann dann die fortwährende Weiterentwicklung und
Modernisierung des Betriebes: Bagger, Hublader, Raupen, Lastzüge, Brecheranlagen, Edelsplittanlagen, wurden angeschafft. So wurde 1956
die erste Asphaltmischanlage in Betrieb genommen.
1971 erfolgte der Einstieg in den Tief- und Straßenbau. Im Jahr 1976
wurde, mit dem Beginn der Betonherstellung die Produktpalette
erweitert. Mit dem Baustoffrecycling wurde in den frühen 1980-iger
Jahren begonnen.
Neben dem Steinbruch Niederwörresbach gehören heute noch die
Steinbrüche in Pfeffelbach, Baumhoder, Allenbach und Stipshausen zur Juchem Gruppe.
Produziert werden dort: Natursteine, Splitt und Schotter, die im
Straßenbau Verwendung finden, sowie Edelsplitt, der als Zusatz in
der Asphalt- sowie Betonproduktion dient.